| Dabei sein ist alles Geld scheint keine Rolle mehr zu spielen, wenn es um die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung (und Intervention) geht. Da wird ein „Sondervermögen“ von hundert Milliarden Euro auf den Weg gebracht, das wohl besser in eine marodes und sozial Schwächere wie Migrationskinder diskriminierendes Bildungssystem investiert würde. Da sollen zwei Prozent des Gegenwerts aller in einem Jahr erbrachten Arbeiten und Leistungen für die Armee abgezweigt werden; und selbst das ist Kriegsminister Pistorius immer noch nicht genug, und er fordert gebetsmühlenartig noch viel mehr. Sehen wir uns jedoch genauer an, wie bisher mit den enormen Summen, die ans Militär flossen, umgegangen wurde, beschleicht uns eine Vorahnung, es werde sich eine gigantische Verschwendung künftig potenzieren. Fässer ohne Böden Über die frühen Zeiten des bundesdeutschen Wehrwillens, als die Amtszeit des Verteidigungsministers F. J. Strauß von Affären, Vorteilsnahmen und Skandalen gesäumt war, wollen wir gnädig den Mantel des Schweigens decken. Auch in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren glich der Militärapparat einer unersättlichen Geldvernichtungsmaschine, denn das oft komplizierte Tötungsinstrumentarium, das für etliche Milliarden angeschafft wurde, funktionierte allenfalls bedingt. Sturmgewehre, die um die Ecke schossen, Schiffe, die nicht schwammen, Panzer, die nicht fuhren, Kampfflieger die nicht abhoben, waren typisch für den Zustand der deutschen Hochrüstung. Da der meiste Schrott aus einheimischer Produktion stammte, geriet sogar das vermeintliche Edellabel Made in Germany pauschal in Verruf. Wo die Mittel zum Abgreifen offen herumliegen, sind die Blender nicht fern. Unter Ursula von der Leihen, der ersten Dame an der Spitze des Ressorts, übernahmen von ihr gerufene und fürstlich entlohnte Unternehmensberatungen die Regie bei der Beschaffung, ohne dass dadurch auch nur Schutzwesten oder Unterhosen in angemessenem Tempo oder zumindest ausreichender Zahl an die SoldatInnen ausgegeben wurden. In all diesen Ineffizienz-Löchern und bodenlosen Fässern versickerte so viel Geld, dass man heute auf ein Sondervermögen (von dem niemand weiß, ob es nicht ähnlich verprasst wird) verzichten könnte, hätte man damals ordentlich gewirtschaftet. Doch ein Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr zeigt, dass die ökonomische Unvernunft weiter regieren wird, schon weil dies politisch gewollt ist. Das olympische Prinzip in Afrika Man darf nun nicht denken, die gesamten Mittel seien zum Schutz der deutschen Bevölkerung vor existenzieller Bedrohung ausgegeben (und großenteils vergeudet) worden. Tatsächlich fühlen sich die unterschiedlichen Regierungen in Berlin seit geraumer Zeit als geschäftsführende Vorstände einer Mittelmacht, die gerne eine kleine Großmacht sein möchte. Folglich wurde die Bundeswehr überall hingeschickt, um Deutschlands globale „Interessen“ zu wahren: nach Afghanistan, um sich dort in die westliche Verlierer-Koalition einzureihen, oder nach Serbien, um dort an völkerrechtswidrigen Bombardierungen durch die NATO mitzuwirken. Im nördlichen Afrika aber nimmt das militärische Engagement Deutschlands beinahe skurrile Züge an, nur dass es weder für die dortigen Volksgruppen noch für die hiesigen Steuerzahler etwas zu lachen gibt. Seit 1. Juni zieht die Bundeswehr nun ihre Einheiten aus Mali ab, wo sie über zehn Jahre lang bis zu 1400 Soldaten stationiert hatte. Nach offiziellen Angaben aus Berlin, die aber in der Öffentlichkeit kaum beachtet wurden, hatte der Einsatz in dem Land der Sahelzone 3,5 Milliarden Euro gekostet. Französische Truppen hatten 2012 einen Vorstoß von Islamisten und mit ihnen verbündeten Tuareg-Nomaden zurückgeschlagen und damit die schwache Regierung in der Hauptstadt Bamako einstweilen gerettet. Paris war es aber weniger um die Zurückeroberung des Weltkulturerbes Timbuktu als vielmehr um die Uranvorkommen im Norden Malis gegangen. Da Paris die Lasten der Intervention auf mehrere Schultern verteilt sehen wollte, initiierte es ein UN-Mandat für die internationale „Stabilisierungsmission“ MINUSMA, der sich Deutschland sofort anschloss, um „geostrategische Verantwortung“ auf der polit-militärischen Weltbühne zu demonstrieren. Was geschah in dieser Dekade, die von soldatischem Heldentum geprägt sein sollte, aber wie das Hornberger Schießen endete? In Bamako wechselten sich korrupte Regimes mit Armee-Putschisten an der Spitze ab, die Islamisten gewannen in der Wüste wieder an Boden, und in der östlichen Provinz Gao ließen die dort stationierten Bundeswehrsoldaten „ethnische Säuberungen“ durch Regierungssoldaten zu. Als sich dann die Machthaber in der Hauptstadt die berüchtigte russische Söldnergruppe Wagner ins Land holten, hatten die Franzosen die Schnauze voll und zogen ab. Mit fliegenden Fahnen folgen ihnen nun die deutschen Kontingente ins benachbarte Niger. Das verfügt schließlich über größere Uranressourcen als Mali und wird (noch) von einem Autokraten mit Faible für Westeuropa beherrscht. Da freut sich der französische Atomkonzern, der nach dem afrikanischen Uran giert: "Mon Dieu! Wie eifrisch, wenn auch nicht sehr erfolgreisch, sisch die Bundeswehr bemüht". Die Bilanz des Bundeswehreinsatzes ist allerdings trostlos: Für viel Geld wurde nichts erreicht. Mali ist so instabil wie zuvor, und nach elf Jahren französisch-deutscher Militärpräsenz übernimmt nun Russland diese strategische Bastion im Nordwesten Afrikas. Es scheint, dass die VerteidigungsministerInnen ihre SoldatInnen nach dem olympischen Motto „Dabeisein ist alles“ in die Wüste geschickt haben. Der linkische Global Player Spötter könnten nun anmerken, dass – wäre das Sondervermögen von 100 Milliarden erst zugänglich und gäbe es die massive Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte nicht – die Bundeswehr noch über 30 Interventionen in Afrika zu ähnlichen Preisen (und vermutlich mit ähnlichen Ergebnissen) durchführen könnte. Allerdings gehen ihr zumindest im Norden des Kontinents inzwischen die potentiellen Gaststaaten langsam aus. Nachdem Burkina Faso die französischen Truppen zum Verlassen aufgefordert hat, sind westliche Soldaten (und der deutsche Botschafter) auch im Tschad inzwischen personae non gratae. Der Einfluss, den sich Berlin dort erträumt hat, scheint Moskau und Peking zuzufallen. Deren ebenfalls eigenützige Motive kennt man in Afrika noch nicht so genau wie die Begehrlichkeiten von EU und NATO. Dank Putins Überfall auf die Ukraine werden militärische Unternehmungen hierzulande nicht mehr kritisiert, nicht von den Medien, nicht von sozialdemokratischen und erst recht nicht von grünen Politikern, mögen die Ausgaben auch noch so überdimensioniert und die Ziele völlig unrealistisch sein. Die so gewährte Narrenfreiheit nutzt die Regierung, um sich weiter als Global Player zu inszenieren. Auch wenn alle Versuche sehr linkisch wirken und die Erfolge auf dem Feld von Strategie und Taktik ausbleiben, wird es akzeptiert, dass riesige Felder wie Pflege, Bildung oder öffentliche Mobilität, die auf Steuergelder angewiesen sind, zu dürren Brachen verkommen, während die Rüstungsfirmen aus der Schmuddelecke geholt und zu National Heroes gekürt werden. 06/2023 Dazu auch: Universal Soldiers im Archiv der Rubrik Medien (2022) Die Lehren von Kabul im Archiv der Rubrik Politik und Abgrund (2021) |
| |||